Anmerkungen zu Leo Panitch/Sam Gindin, Globaler Kapitalismus und amerikanisches Imperium. VSA-Verlag Hamburg 2004
von Beate Landefeld
Laut Panitch/Gindin ist dem Kapitalismus eine strukturelle Logik immanent, die ihn nach Expansion und Internationalisierung streben läßt. Zwischen der Tendenz des Kapitalismus zu globaler Expansion und seiner jeweiligen historischen Entwicklung müsse allerdings unterschieden werden. Historisch sei es gegen 1900 zu einer Auflösung des internationalen Wirtschaftssystems und dann zu dessen Kollabieren “durch zwei grauenhafte Weltkriege und die Implosion der Great Depression” gekommen.(18) Die westliche Nachkriegsrekonstruktion ab 1945 sei als Antwort der kapitalistischen Staaten auf das vorangegangene Versagen der Globalisierung zu verstehen. Sie konnte sich “unter der Anleitung eines einzigartigen Akteurs … (entfalten): dem amerikanischen imperialen Staat.”(31) Dieser verfügte, anders als seinerzeit das britische Empire und auch anders als noch der US-Staat nach dem ersten Weltkrieg, über “Kapazitäten für den Aufbau eines informellen Imperiums”. Genannt werden die ökonomische und militärische Stärke der USA, die Struktur des US-Staats, die Attraktivität des Produktions- und Kulturmodells der USA (Konzerne, Fordismus, Konsum, Hollywood). “Darüber hinaus erwies sich das amerikanische informelle Imperium mit der Züchtung multinationaler Konzerne und den damit verbundenen ausländischen Direktinvestitionen … hinsichtlich der Durchdringung anderer Gesellschaften als weitaus effektiver.”(34) Weiterlesen →
Dietrich Eichholtz: Deutsche Politik und rumänisches Öl (1938-1941). Eine Studie über Erdölimperialismus, Leipziger Universitätsverlag 2005, 68 Seiten.
Autobahnbau und “Motorisierung”, Projekte der Nazi-Diktatur, die in der Propaganda als “Arbeitsbeschaffung” angepriesen wurden, waren Teil von Hitlers Kriegsvorbereitung. Daß die Schaffung eines motorisierten Massenheers, einer modernen Luftwaffe und Kriegsflotte einen rapide ansteigenden Bedarf an Treibstoff mit sich bringt, den Deutschland zu Beginn der Hitler-Diktatur keineswegs zu decken in der Lage war, ist ein Aspekt, der im Geschichtsunterricht meiner Schulzeit keine Rolle spielte. Die vorliegende Arbeit von Dietrich Eichholtz beleuchtet gerade diese wichtige Frage. Dabei wird sichtbar, wie ökonomischer Expansionsdrang, politischer Weltgeltungsanspruch und militärische Agressionspolitik in der untersuchten Phase “Hand in Hand” erfolgreich funktionierten.
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David Harvey: Der neue Imperialismus. VSA-Verlag 2005. (236 S.)
Das Buch des in der Anti-Globalisierungsbewegung vielgelesenen Autors erschien zuerst 2003 bei Oxford University Press. Ausgangspunkt ist der damals beginnende Irakkrieg. Hertha Däubler-Gmelin meinte 2002, die Bush-Regierung versuche, durch gewagte Unternehmungen im Ausland von innenpolitischen Problemen abzulenken, eine Taktik, die schon von Hitler bekannt sei. Leider, bedauert Harvey, habe der zweite Teil ihrer Aussage, der die Forderung nach ihrem Rücktritt zur Folge hatte, jede ernsthafte Diskussion des ersten Teils verhindert. Harvey beschreibt die damalige innere Situation der USA als “prekär, wie seit langem nicht mehr. Die Rezession… wollte nicht vorübergehen. Die Arbeitslosigkeit stieg… Es regnete Firmenskandale … Aktien und andere Vermögenswerte stürzten ab…Rentenfonds verloren…(an)Wert…die USA wurden zum größten Schuldnerstaat aller Zeiten … (Der Präsident) war… eher… vom Obersten Gerichtshof gewählt … als vom Volk.”(20f)
Zudem gab es seit langem massive geopolitische Interessen der USA in Nahost, die mit diversen Formen der Einmischung nicht nur im Irak verfolgt wurden. Harvey schildert kenntnisreich die Aktivitäten des US-Imperialismus in dieser Region und empfiehlt, die Ölfrage aus einem größeren Blickwinkel zu betrachten: ”Wer immer den Mittleren Osten kontrolliert, kontrolliert den globalen Ölhahn, und wer immer den globalen Ölhahn kontrolliert, kann zumindest in naher Zukunft die Weltwirtschaft kontrollieren.” (26)
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