19. November 2011 – 12:12
von Beate Landefeld:
1 Weltwirtschaftskrise und EU-Krise
Die Weltwirtschaftskrise seit 2007 beschränkte sich nicht auf eine zyklische Krise. Als „große Krise“ ist sie in vielerlei Hinsicht eine Folgekrise der Krise von 1974/75. Seit 1974/75 zeigte sich erneut das Problem der chronischen Überakkumulation, eines Kapitalüberschusses, der sich in der Produktion nicht genügend verwerten läßt. Den Bourgeoisien der reichen kapitalistischen Länder gelang es, ihre Profite mit Hilfe des neoliberalen Regimes wieder zu steigern. Damit schufen sie jedoch die drei großen chronischen Ungleichgewichte, die sich in der jetzigen Krise entladen: Das Ungleichgewicht zwischen Produktion und kaufkräftiger Nachfrage, das Ungleichgewicht zwischen spekulativ aufgeblähtem Finanzsektor und Realwirtschaft, und das Ungleichgewicht zwischen Ländern mit großen Exportüberschüssen und Ländern mit großen Schulden.
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Das DKP-Programm von 2006 enthält eine knappe Kapitalismusanalyse. Danach kam es um das Jahr 1900 herum zu einer Strukturdifferenzierung des Gesamtkapitals. Damals bildeten sich auf breiter Front markt- und produktionsbeherrrschende Konzerne, Monopole heraus und leiteten das Stadium des Kapitalismus ein, welches im Anschluß an Hilferding, Lenin, Rosa Luxemburg und Bucharin seither als Monopolkapitalismus oder Imperialismus bezeichnet wird.1
Monopole enstehen durch Konzentration und Zentralisation aus der Konkurrenz und als Reaktion auf Produktivkraftentwicklung und Krisenprozesse. Sie sind eine Form der Vergesellschaftung der Produktion noch unter den Bedingungen von kapitalistischer Warenproduktion und Privateigentum. Lenin und andere Theoretiker sahen im monopolistischen Kapitalismus daher das „höchste Stadium” des Kapitalismus, das in mancher Hinsicht „Züge einer Übergangsgesellschaft” zum Sozialismus trage.
Die Vorstellung des „höchsten Stadiums” verband sich zur Zeit der Entstehung der marxistischen Imperialismustheorie mit der Erwartung einer baldigen sozialistischen Weltrevolution. Der Versuch blieb auf die Oktoberrevolution beschränkt. Manche schließen daraus, dass der Imperialismus eben doch nicht das „höchste”, sondern, ein „ziemlich frühes” Stadium des Kapitalismus gewesen sei.2
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von Beate Landefeld
Die seit Mitte 2009 übliche Parole „Wir sind über den Berg” ist im Frühjahr 2010 fast verhallt. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft stagnierte im vierten Quartal 2009. Das Konsumklima ging im Februar 2010 nach unten. Die Schwierigkeiten des griechischen Staats, sich zu refinanzieren, die Angst vor steigender Arbeitslosigkeit, deren Höhepunkt erst 2011 kommt, drücken die Stimmung. Eine längere Stagnation droht, vielleicht sogar ein neuer Bankencrash als Folge einer Staatspleite und, damit verbunden, ein Rückfall in die Rezession. Dabei hatte es geheißen, das Schlimmste liege hinter uns.
480 Mrd. Euro Garantien für die Banken, 100 Mrd. Euro für einen Unternehmensfonds, nach etwas Zögern zwei Konjunkturpakete hintereinander von zusammen 80 Mrd. Euro hat das Gespann Merkel/Steinbrück 2008-2009 geboten. Die Bankenhilfe war gemessen am Bruttoinlandsprodukt höher, die Konjunkturpakete kleiner als in China, USA und Japan. Sie enthielten Erleichterungen bei Steuern und Abgaben, Zuschüsse für höhere Sozialausgaben wegen mehr Arbeitslosen, für verlängertes Kurzarbeitergeld, für Maßnahmen der Weiterbildung, Geld für vorgezogene oder aufgestockte Investitionen, vor allem in Kommunen, für Gebäudesanierung, Energieeffizienz, Klimaschutz, Verkehr und Logistik. Den Exporteinbruch der Autoindustrie sollte die Abwrackprämie abfedern.
Bevor die Diskussion über Konjunkturpakete in allzu viele Wünsche der von derlei Segnungen entwöhnten Bürger ausufern konnte, folgte unmittelbar auf das zweite Paket die Verabschiedung der „Schuldenbremse”. Damit sind Bund, Länder und Gemeinden verpflichtet, das Geld durch Kürzungen bald wieder beim Volk einzutreiben, ab 2011, wenn es nach den Plänen Schäubles geht. Mit dieser Jahreszahl preschte Schäuble auch beim Treffen der EU-Finanzminister vor, um diese ebenfalls unter Zugzwang zu setzen.
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von Beate Landefeld
In Teil 1 meines Referats möchte ich mich mit grundlegenden Widersprüchen des Kapitalismus beschäftigen,
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die sich im Rahmen des Systems nicht lösen lassen und die immer wieder kapitalistische Krisen auslösen;
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Widersprüche, aus denen Marxisten auch die Notwendigkeit des Sozialismus und dessen grundlegende Merkmale ableiten.
In Teil 2 möchte ich ein paar Gedanken zur Frage: „Was kann man in der heutigen Situation tun?” zur Diskussion stellen.
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Die BRD-Politik versucht auf Biegen und Brechen eine ganz bestimmte Spur nicht zu verlassen, die Spur der „Stabilitätspolitik”. Ihr gilt die Bekämpfung der Inflation als wichtigste Aufgabe staatlicher Wirtschaftspolitik. Sie kann mittlerweile als die für die Bundesrepublik typische Wirtschaftspolitik angesehen werden. Sie war fester Bestandteil der mehr liberalen als sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards1 und gewann schon nach der Krise 1974/75 unter Helmut Schmid wieder die Oberhand. Nur nach der Rezession 1966/67 bis in die erste Hälfte der 70er Jahre gab es ein kurzes Zwischenspiel einer eher keynesianisch geprägten Wirtschaftpolitik, mit der dann folgenden „Reformära” unter Brand.
Die „Stabilitätspolitik” hat Preissteigerungen und Staatsverschuldung zu keiner Zeit verhindert. Unter dem Vorwand der Inflationsbekämpfung zielt sie auf Kostensenkung zu Lasten der arbeitenden Menschen, auf niedrige Löhne, niedrige Sozialausgaben und den „schlanken Staat”. Sie dient dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Konzerne auf dem Weltmarkt zu stärken und nimmt dafür die Verkümmerung des Binnenmarkts, hohe Arbeitslosigkeit sowie die Vernachlässigung und den Verfall gesellschaftlich nützlicher Bereiche der öffentlichen Infrastruktur in Kauf. Einen „schlanken Staat” brachte die „Stabilitätspolitik” nicht, wohl aber Umverteilung von unten nach oben, zugunsten von Profiten und Vermögenseinkommen.
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von Beate Landefeld
Die vom US-Immobilienmarkt ausgelöste Finanzkrise hat sich dank der von Banken praktizierten Weitergabe von Risiken an die Märkte zu einer unberechenbaren, internationalen Bankenkrise ausgeweitet. Die Verflechtung dieser Krise mit dem zyklischen Abschwung der Weltwirtschaft lässt diesen zu einer tiefen Rezession werden. Beide Prozesse verstärken sich gegenseitig.
Krisen gehören zum Kapitalismus. Charakteristisch für ihn ist der Widerspruch zwischen ständig zunehmender Vergesellschaftung der Produktion und privater Aneignung ihrer Ergebnisse. Der Planung und zeitsparenden Organisation der Arbeit im Betrieb steht die „Anarchie in der Gesellschaft“ (Friedrich Engels) gegenüber, denn dort entscheiden letztlich Konkurrenz und Marktverhältnisse darüber, wie die Arbeit der Menschen verteilt wird. Das bringt regelmäßig Ungleichgewichte, Disproportionen zwischen Branchen sowie zwischen Angebot und Nachfrage hervor; und die Jagd nach Profit, der „Herdentrieb der Investoren“, führt zu Blasenbildungen. Das Gleichgewicht wird durch periodische Krisen hergestellt, in denen überschüssige Kapazitäten vernichtet werden. Die Starken überleben, Schwache werden aufgekauft oder beantragen Insolvenz. Bereinigung, Konsolidierung nennt das die Wirtschaftspresse. Weiterlesen →